DeGIR- bzw. DeGIR-/DGNR-Zentren für IR und INR
Praktische Ausbildung in Interventioneller Radiologie (IR) und Interventioneller Neuroradiologie (INR) kann sowohl durch die Tätigkeit in der eigenen Einrichtung als auch durch Hospitationen in Fremdeinrichtungen erworben werden. Einrichtungen, die die praktische Ausbildung in IR und INR anbieten, sind im Allgemeinen radiologische und neuroradiologische Kliniken in Krankenhäusern, gegebenenfalls ist dies auch in radiologischen Praxen möglich.
Neben der IR bzw. INR müssen aktive klinische Strukturen existieren, die eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Interventionellen Radiologie/Neuroradiologie unter anderem mittels turnusmäßiger, fachübergreifender Fallbesprechungen pflegen (z. B. Gefäßchirurgie, Angiologie, Kardiologie, Gastroenterologie, Kardiochirurgie, Neurologie, Neurochirurgie, Gynäkologie, Anästhesie etc.).
Die IR bzw. INR sollte an der ambulanten und stationären klinischen Patientenversorgung im Rahmen der IR-Eingriffe wesentlich beteiligt sein. Die Supervision in IR bzw. INR sollte durch ein Mitglied der DeGIR und der DGNR erfolgen. Die Einrichtung sollte über umfassende spezielle bildgebende Methoden verfügen, z. B. Volumen-CT/CTA, MRT/MRA, Farbduplexsonographie und DSA. Es sollte eine Bibliothek mit speziellem Lehrmaterial (Bücher, Fachzeitschriften, elektronische Lernhilfen o. ä.) zur Verfügung stehen.
Eine Zentrenzertifizierung ist in allen oder einzelnen der folgenden inhaltlichen Module möglich:
- DeGIR-Zentrum für minimal-invasive Gefäßmedizin (Module A und B)
- DeGIR-Zentrum für minimal-invasive Therapien (Modul C)
- DeGIR-Zentrum für minimal-invasive Onkologie (Modul D)
- DeGIR-/DGNR-Zentrum für minimal-invasive Schlaganfalltherapie (Modul E)
- DeGIR-/DGNR-Zentrum für neurovaskuläre Gefäßmalformationen (Modul F)
- DeGIR-/DGNR-Zentrum für neurovaskuläre Therapie (Module E und F)
- NEU: DeGIR-Zentrum für Niere und Bluthochdruck
Für die Zertifizierung muss die folgende Mindestzahl von Interventionen pro Jahr in der DeGIR-QS-Software dokumentiert werden:
- Modul A: 50 Interventionen
- Modul B: 20 Interventionen
- Modul C: 50 Interventionen
- Modul D: 20 Interventionen
- Modul E: 50 Interventionen
- Modul F: 75 Interventionen
Ab dem 01.01.2025 werden für die Zertifizierung als DeGIR-/DGNR-Zentrum für minimal-invasive Schlaganfalltherapie (Modul E) folgende Anforderungen gefordert:
- Das Zentrum muss eine 24/7-Versorgung, insbesondere bei der Behandlung des Akuten Ischämischen Schlaganfalls sicherstellen.
- Das Zentrum muss mindestens zwei Modul-E-zertifizierte (Neuro-)Radiolog:innen beschäftigen.
- Hinsichtlich der Fallzahlen müssen für die Erst- oder Re-Zertifizierung ab 60 Modul E-Interventionen, davon 35 MTs nachgewiesen werden. Nach Ende der Übergangsregelung wird ab dem 01.01.2027 der Nachweis über 75 Modul-E-Interventionen, davon 35 MTs gefordert.
Detailliertere Informationen zu den Anforderungen an die Zertifizierung von DeGIR- bzw. DeGIR-/DGNR-Zentren entnehmen Sie bitte dem Dokument Zertifizierung DeGIR-/DGNR-Zentren.
Re-Zertifizierung
Seit 2014 ist die Zertifizierung der Zentren an regelmäßige Zertifizierungsüberprüfungen geknüpft. Die in der DeGIR-QS-Software dokumentierten Interventionszahlen bilden die Grundlage für die schrittweise eingeführte Re-Zertifizierung aller DeGIR- bzw. DeGIR-/DGNR-Zentren und die Befristung der Zertifikate auf eine Gültigkeit von jeweils fünf Jahren. Die Re-Zertifizierung der Zentren nach Ablauf der Gültigkeitsdauer erfolgt automatisch (ohne Antragstellung seitens des Zentrums) durch Überprüfung der geforderten Mindest-Dokumentationszahlen im DeGIR-QS-Register. Bei wiederholter Nichterfüllung der Dokumentationsanforderung in einem Modul wird das entsprechende Modul für den Gültigkeitszeitraum des Zertifikats aberkannt.
Zertifizierungsgebühren
Für die Bearbeitung des Zertifizierungsantrages zur Anerkennung als DeGIR- bzw. DeGIR-/DGNR-Zentrum wird eine Gebühr von 500 Euro (zzgl. Mehrwertsteuer) erhoben. Die Bearbeitungsgebühr wird unmittelbar nach Antragseingang in Rechnung gestellt.
Wird die Erweiterung einer bestehenden Zentrumszertifizierung um weitere Module beantragt, werden 250,00 Euro (zzgl. Mehrwertsteuer) erhoben.
Für die Bearbeitung der Re-Zertifizierung fällt eine Gebühr in Höhe von 250,00 Euro (zzgl. Mehrwertsteuer) an.
NEU: DeGIR-Zentrum für Niere und Bluthochdruck
Unkontrollierter Bluthochdruck bleibt trotz der Verfügbarkeit vieler Medikamente und nicht-medikamentöser Therapien, die den Blutdruck senken, ein wichtiges Gesundheitsproblem mit einer sehr hohen Anzahl an betroffenen Patient:innen. Auf der Suche nach blutdrucksenkenden Interventionen, die nicht auf der Einhaltung eines Medikamentenregimes beruhen oder wiederholte körperliche Aktivität erfordern, wurden gerätebasierte Methoden, die die Nierenarterien denervieren, als potenzielle Ergänzung zu standardmäßigen blutdrucksenkenden Behandlungen erstmals ab ca. 2010 eingesetzt. Allerdings konnten – nach anfänglicher Begeisterung für die katheterinterventionell durchgeführte renale Denervierung – damalige Studien keinen signifikanten oder langanhaltenden Effekt einer Intervention nachweisen.
In den letzten Jahren wurden nun aber Studien mit einer klareren Indikationsstellung sowie einer überarbeiteten und verbesserten Kathetertechnik hochrangig publiziert. In diesen Studien (SPYRAL OFF-MED und ON-MED sowie RADIANCE HTN solo und trio und RADIANCE II)1-5 konnte eine hohe Effektivität der Intervention sowohl bei Patient:innen unter antihypertensiver Medikation, aber auch bei unbehandelten Patient:innen nachgewiesen werden – mit signifikanter und langanhaltender Senkung des systolischen und diastolischen Blutdrucks.
Die Datenlage für die renale Denervierung ist so überzeugend, dass auf europäischer Ebene in einer kürzlich erschienenen Publikation6 gefordert wird, den Eingriff umgehend in die Leitlinien zur Hypertensionsbehandlung aufzunehmen. Auch in einem deutschen Konsensuspapier7 wird die Notwendigkeit von Hypertoniezentren formuliert, an denen die Interventionen durchgeführt werden sollen.
Die Interventionelle Radiologie ist für Diagnostik und Therapie des arteriellen Bluthochdrucks ein wichtiger und zuverlässiger Partner in Hypertonie Zentren und darüber hinaus. Unser umfangreiches Indikationsspektrum reicht von der Diagnostik mit CTA, MRA und FKDS bis zur Therapie von Nierenarterienstenosen und der selektiven Nebennierenblutentnahmen. Die renale Denervierung ist die logische Erweiterung dieser Eingriffe. Um der aktuellen Entwicklung Rechnung zu tragen und um die Sichtbarkeit der Radiologie und Interventionsradiologie zu gewährleisten sowie die Qualität in unserem Fachgebiet bei Diagnostik und Therapie zu untermauern, hat die DeGIR gemeinsam mit der DRG eine Zertifizierung als „DeGIR-Zentrum für Niere und Bluthochdruck“ etabliert. Voraussetzung für ein solches DeGIR-Zentrum ist die Leitung durch eine/n DeGIR-Stufe-2 (Modul A-B) zertifizierte/n Radiologen/Radiologin, ferner muss eine Facharztweiterbildung (teilweise oder komplett) möglich sein.
Literatur
- Kandzari D.E., Bohm M., Mahfoud F. et al. Effect of renal denervation on blood pressure in the presence of antihypertensive drugs: 6-month efficacy and safety results from the SPYRAL HTN-ON MED proof-of-concept randomised trial. Lancet. 2018; 391: 2346-2355
- Bohm M., Kario K., Kandzari D.E. et al. Efficacy of catheter-based renal denervation in the absence of antihypertensive medications (SPYRAL HTN-OFF MED Pivotal): a multicentre, randomised, sham-controlled trial. Lancet. 2020; 395: 1444-1451
- Azizi M., Schmieder R.E., Mahfoud F. et al. Endovascular ultrasound renal denervation to treat hypertension (RADIANCE-HTN SOLO): a multicentre, international, single-blind, randomised, sham-controlled trial. Lancet. 2018; 391: 2335-2345
- Azizi M., Sanghvi K., Saxena M. et al. Ultrasound renal denervation for hypertension resistant to a triple medication pill (RADIANCE-HTN TRIO): a randomised, multicentre, single-blind, sham-controlled trial. Lancet. 2021; 397: 2476-2486
- Azizi M, Saxena M, Wang Y, et al. Endovascular Ultrasound Renal Denervation to Treat Hypertension: The RADIANCE II Randomized Clinical Trial. JAMA. 2023;329(8):651–661. doi:10.1001/jama.2023.0713
- Barbato E., Azizi M., Schmieder R.E. Renal denervation in the management of hypertension in adults. A clinical consensus statement of the ESC Council on Hypertension and the European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI). European Heart Journal. 2023; 44:1313-1330.
- Mahfoud F., Galle J., Schunkert H. et al. Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK), der Deutschen Hochdruckliga e. V. DHL®/Deutschen Gesellschaft für Hypertonie und Prävention und der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) zur Zertifizierung von „Renale-Denervations-Zentren (RDZ)“ – Update. Kardiologe 2021; 15:463–470