Interview

Die Leistungsfähigkeit der Interventionellen Radiologie aufzeigen

Ein Interview mit Univ.-Prof. Dr. med. Philipp M. Paprottka, Chefarzt und Lehrstuhlinhaber der Interventionellen Radiologie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München.

Univ.-Prof. Dr. med. Philipp M. Paprottka, Chefarzt und Lehrstuhlinhaber der Interventionellen Radiologie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, ist neuer Präsident der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR). Im Interview erklärt er unter anderem, welche Ziele er in seiner Präsidentschaft umsetzen will und welche Bedeutung etwa die aktuell im Gesundheitswesen viel diskutierte Ambulantisierung für die Interventionelle Radiologie haben könnte.

Herr Professor Paprottka, Sie sind neuer Präsident der DeGIR. Auf welche Themen werden Sie Ihre Schwerpunkte setzen? 

Ich freue mich sehr auf mein neues Amt und die Aufgaben, die vor mir liegen. Zunächst finde ich es wichtig, das Leistungsspektrum der Interventionellen Radiologie bei Patientinnen und Patienten, aber auch gegenüber ärztlichen Kolleginnen und Kollegen noch bekannter zu machen. Durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit müssen wir als interventionelle Radiologinnen und Radiologen zeigen, wie groß unser Leistungsspektrum ist. Außerdem will ich die Interventionsradiologie als klinischen Partner anderer medizinischer Fachrichtungen stärken, sodass wir mit den Kolleginnen und Kollegen auf Augenhöhe kommunizieren können sowie stärker und früher einbezogen werden, wenn es um die verschiedenen minimal-invasiven Therapien geht. Minimal-Invasivität, klinische Partnerschaften und Patientennähe – damit können wir uns als interventionelle Radiologinnen und Radiologen gut aufstellen. 

Apropos gut aufstellen: Wie kann das der Interventionellen Radiologie in der Gesundheitspolitik gelingen?

Hinsichtlich der Krankenhausreform ist aktuell noch viel im Umbruch, aber wir müssen als interventionelle Radiologinnen und Radiologen diesen Prozess begleiten und unseren eigenen Leistungsbereich etablieren, um unsere schonenden Eingriffe auch zukünftig den Patientinnen und Patienten anbieten zu können, insbesondere im ambulanten Bereich. Hier steckt meines Erachtens für die Interventionsradiologie viel Potenzial. Außerdem ist mir die Nachwuchsförderung ein starkes Anliegen. Man muss sein Wissen auch weitergeben, um die medizinische Entwicklung voranzutreiben. In dieser Beziehung sind wir durch die verschiedenen Förderprogramme in der Interventionsradiologie bereits jetzt in einer guten Situation. Ein weiterer Baustein für eine erfolgreiche Zukunft ist die Qualitätssicherung, verbunden mit der Frage nach adäquaten und zukünftig gesetzlich anerkannten automatisierten Softwarelösungen.

Sie haben gerade erwähnt, dass in der Ambulantisierung für die Interventions-radiologie viel Positives steckt. Könnten Sie uns das erläutern? 

Aktuell werden viele Patientinnen und Patienten stationär aufgenommen, weil man ihnen ansonsten keine adäquate Therapie anbieten kann. Aber durch unsere Minimal-Invasivität könnten m. E. etwa zwei Drittel der Eingriffe ambulant/tagesstationär erbracht werden. Wir müssen hier selbst im Namen unserer Patientinnen und Patienten und auch im eigenen Namen als medizinische Leistungserbringer tätig werden, und dafür sorgen, dass in Zukunft aus politischen Gründen minimal-invasive ambulante Eingriffe keiner Patientin bzw. keinem Patienten mehr vorenthalten werden. Das sah am Anfang der Krankenhausreform deutlich vielversprechender aus als aktuell, vor allem bezüglich der zunächst diskutierten tagesstationären Behandlungen. Hier müssen wir auf jeden Fall weiterhin den Prozess mitgestalten. 

Wie schätzen Sie generell die aktuelle Situation der Interventionellen Radiologie in Deutschland ein? 

Im Moment muss man noch viel erklären, wenn man mit medizinischen Laien und teilweise auch mit Fachleuten über die Interventionelle Radiologie spricht. Wir müssen sichtbarer werden und unsere Fähigkeiten stärker herausstellen. Problem 1 ist dabei unser etwas sperriger und nicht selbsterklärender Name. Als „Interventionelle Radiologie“ werden wir oft nicht als zentraler Teil der Radiologie gesehen. In der allgemeinen Wahrnehmung ist die Radiologie oft ein „Dienstleister auf Zuruf“. Das ist ein Problem, das wir dringend ändern müssen, da wir insbesondere als interventionelle Radiologinnen und Radiologen klinische Partner sind. Im gemeinsamen Interesse der diagnostischen Neuro-/Radiologie und interventionellen Radiologie müssen wir uns als direkte Leistungserbringer etablieren und dies auch politisch verdeutlichen. 

Wo besteht aus Ihrer Sicht Optimierungsbedarf in der Interventionellen Radiologie?

Ich bin davon überzeugt, dass die Interventionsradiologie stark wachsen wird, weil Patientinnen und Patienten die Vorteile minimal-invasiver Eingriffe erkennen und diese einfordern werden. Wir müssen uns daher – ich kann das nicht genug betonen – als selbstständige Behandlerinnen und Behandler der Patientinnen und Patienten etablieren. Wir führen die Eingriffe durch, tragen die Verantwortung für unsere Patientinnen und Patienten, müssen mit Komplikationen umgehen und dafür geradestehen. Dies müssen wir in den Köpfen unserer klinischen Kolleginnen und Kollegen verankern, so dass wir bei Therapieentscheidungen häufiger und früher einbezogen werden. 

Wie wird sich die Interventionelle Radiologie in Zukunft entwickeln? Wagen Sie eine Prognose?

Kein Mensch kann in die Zukunft blicken, aber ich kann Ihnen sagen, was bereits jetzt für die Interventionsradiologie gilt: Wie sind ein stark wachsendes Fach, das wir auch in Zukunft technisch und klinisch für unsere Patientinnen und Patienten weiterentwickeln.  Unsere minimal-invasiven Eingriffe sollen weiterhin Teil der bestmöglichen medizinischen Versorgung sein. Um dies meinen Patientinnen und Patienten bieten zu können, bin ich selbst Arzt geworden. In vielen Bereichen, wie zum Beispiel beim Leberkrebs, haben sich interventionell-radiologische Therapien aus einem rein palliativen Setting mittlerweile so weiterentwickelt, dass sie als gleichwertig zu einer chirurgischen Resektion betrachtet werden. Oder nehmen wir Blutungen bei Unfällen oder Nachblutungen bei Operationen, die erfolgreich interventionell behandelt werden. Das sind absolute Erfolgs-Stories. Kurz und gut: Wir brauchen als Interventionelle Radiologie mehr Sichtbarkeit in der Gesellschaft und im Medizin-System, damit unsere Patientinnen und Patienten auch in Zukunft von unseren minimal-invasiven Therapien profitieren können.