GBA-Erprobungsverfahren

„SIRT bei HCC“

Im Oktober 2022 wurde vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ein Fragebogen zum Thema „SIRT bei HCC“ an Sachverständige der Medizinischen Wissenschaft und Praxis, an Dachverbände von Ärztegesellschaften, Spitzenverbände der Selbsthilfegruppen und Patientenvertretungen sowie an die Spitzenorganisation der Hersteller von Medizinprodukten sowie an die jeweiligen Fachgesellschaften versendet. Dazu hat die DeGIR Stellung genommen.

Viele Kolleginnen und Kollegen stellten sich die Frage, was es mit diesem Fragebogen auf sich hat und inwieweit Input von jedem Einzelnen notwendig ist.  Vonseiten des Vorstandes der DRG bzw. der DeGIR wurde beschlossen, dass der Fragebogen durch Prof. Ralf-Thorsten Hoffmann sowie Prof. Frank Wacker bearbeitet werden soll, was aufgrund der sehr engen Zeitfenster für die Beantwortung eine große Herausforderung darstellte.  

Hintergrund des Fragebogens ist ein sogenannter Antrag auf Erprobung eines Verfahrens nach § 137e, Abs. 7 des V. Sozialgesetzbuches (SGB V). Das Erprobungsverfahren wurde durch einen Hersteller beantragt, der u.a. durch die Verwendung spezieller Dosimetrieverfahren Vorteile für sein Produkt sah. Ein weiterer, wesentlicher Grund für diese Beantragung waren die zunehmenden Schwierigkeiten in vielen Bundesländern, die Kosten für die Radioembolisation (SIRT oder TARE) erstattet zu bekommen sowie die zunehmende Zahl an Einsprüche und Prüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, was deutschlandweit die Zahlen der TARE deutlich nach unten bewegt hat. Würde das beantragte Erprobungsverfahrens positiv beschieden, müssten bei einer vom GBA-initiierten Erprobungsstudie die Therapiekosten von den Kassen übernommen werden. Die über die reinen Behandlungskosten hinausgehenden Aufwendungen für Studienleistungen würden vom GBA getragen.

Nach Prüfung des Antrages ist der GBA zu der Auffassung gelangt, dass der Nutzen der TARE zur Behandlung von hepatozellulären Karzinomen noch nicht hinreichend belegt sei, die Methode aber das Potential für eine erforderliche Behandlungsalternative bietet. Dies verwundert aus Sicht der DeGIR, da die TARE in mehreren Leitlinien verankert ist und sich im klinischen Alltag entsprechend etabliert hat.

In seine Entscheidungsfindung hat der GBA mehrere randomisiert-kontrollierte Studien aufgenommen. Eine dieser Studien (MANDARIN) hat mit der Rekrutierung der Patienten erst begonnen. Neben allgemeinen Fragen zur TARE wird mit dem Fragebogen auch abgefragt, ob die Ergebnisse der MANDARIN-Studie relevant sein könnten, um den Nutzen der TARE hinreichend zu begründen. Sofern dies bejaht werden kann, würde eine durch den G-BA initiierte kassenfinanzierte Erprobungsstudie nicht mehr erforderlich sein. Allerdings käme das Warten auf Mandarin einem Aufschub des Verfahrens gleich, da die Entscheidung zum Stellenwert der TARE bis zum Abschluss und Publikation dieser Studie abgewartet werden müsste.

Da der Fragebogen u.a. auch an den Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BV MED) gegangen ist, haben sich die 3 Hersteller der Radioembolisate (Sirtex, Boston Scientific, Terumo) geeinigt, den Fragebogen gemeinsam und unter Zuhilfenahme von Fachexperten u.a. der Deutschen Röntgengesellschaft/DeGIR zu beantworten und den entsprechenden Entwurf den jeweiligen Interessenten zur Verfügung zu stellen. Aufbauend auf diesen Vorschlägen wurden von uns die Antworten überarbeitet und finalisiert. Darüber hinaus gelang es, auch die Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin (namentlich Herrn Prof. Krause aus Rostock) dazu zu gewinnen, eine konsentierte Antwort von DeGIR, DRG und DGN an den gemeinsamen Bundesausschuss zu senden.

Bei der Beantwortung des Fragebogens sind wir davon ausgegangen, dass die vorliegende wissenschaftliche Evidenz, bestehend aus randomisiert kontrollierten Studien, Metaanalysen sowie der Aufnahme der TARE in unterschiedliche Leitlinien (u.a. S3-Leitlinie HCC der AWMF sowie der ESMO Guidelines 2018) nahelegt, dass der Nutzen der TARE nachgewiesen ist. Des Weiteren bestand Übereinstimmung darin, dass die Ergebnisse der MANDARIN-Studie, die in China durchgeführt wird, keine wesentlichen Neuerungen im Hinblick auf die Fragestellung des GBAs bringen wird. Die TARE ist bereits heute in der klinischen Versorgung der HCC Patienten etabliert und somit ein wesentlicher Baustein der Therapie des HCC nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa.

Dies wurde in unsere Stellungnahme aufgenommen. Neben dem CIRT Register waren hier die Zahlen aus dem DeGIR-QS-Register von großer Hilfe, da im Jahr 2021 insgesamt 831 SIRT-Therapien dokumentiert wurden, davon 382 mit der Indikation HCC. Vonseiten der Strukturqualität, die ebenfalls im Fragebogen abgefragt wurde, wurde die interdisziplinäre Tumorkonferenz festgeschrieben, die mindestens aus einem in der interventionell-onkologisch erfahrenen bzw. in der TARE fachkundigen Radiologen, einem in der TARE erfahrenen Nuklearmediziner, einem internistischen Onkologen oder Hepato-Onkologen sowie einem in der Leberchirurgie versierten Chirurgen bestehen muss. Als weiteres Strukturmerkmal wird gefordert, dass die TARE durch einen Radiologen erfolgen muss, der wenigstens die Stufe II Zertifizierung in Modul D (onkologische Verfahren) der DeGIR besitzen muss und alle Radioembolisationsbehandlungen in einem geeigneten Register zur Qualitätssicherung dokumentiert werden müssen. Vonseiten der DGN wurden ergänzend die Handlungsempfehlungen der Fachgesellschaft in den Fragebogen aufgenommen.

Wie geht es weiter?

Der Fragebogen wurde termingerecht durch die DRG beim GBA eingereicht und wir warten nun auf das Ergebnis der Prüfung. Im Idealfall stellt der GBA fest, dass der Nutzen bereits hinreichend belegt ist und somit einen positiven Bescheid der Radioembolisation zur Aufnahme in die Regelversorgung vom GBA erhält. Es gibt allerdings auch andere mögliche Szenarien. Der GBA könnte bei der Meinung bleiben, dass weitere Studienergebnisse abgewartet werden müssen und ggf. eine Erprobungsstudie aufsetzen. Wir alle können dabei helfen, dass die in nationalen und internationalen Leitlinien verankerte TARE als wichtiges Therapieverfahren beim HCC auch weiter für unsere Patienten zur Verfügung steht. Dazu müssen wir in den Tumorboards die TARE entsprechend der Leitlinien als Therapieoption vertreten und die Behandlungen in der DEGIR Software vollumfänglich dokumentieren. Nur über den Einsatz und die Dokumentation kann glaubhaft nachgewiesen werden, dass die TARE schon jetzt fixer Teil der Versorgung unserer Patienten ist.

Wir hoffen, bereits in einem der nächsten Newsletter vom weiteren Verlauf berichten zu können.